Fahrradklima in Mülheim verbesserungswürdig

Ende April 2023 wurde in Berlin der ADFC- FahrradKlimaTest 2022 veröffentlicht. Die Zufriedenheit der Radfahrenden in Mülheim hat eine leichte Tendenz nach unten: Es gab eine „Schulnote" von 4,23 gegenüber 4,1 vor 2 Jahren.

Gute Noten gab es für die Alltagstauglichkeit des Radschnellwegs

In einem Brief an den Oberbürgermeister und das zuständige Dezernat kommentiert Gudrun Fürtges, unsere Sprecherin für Mülheim, die Ergebnisse des FKT 2022:

Eine erste gute Nachricht: Bei diesem 10. Fahrradklimatest haben mehr Menschen teilgenommen als je zuvor (ca. 245.000 bundesweit / 730 in MH), was für ein zunehmendes Interesse spricht. Außerdem bin ich inzwischen der Meinung, dass die - zugegeben - subjektiven Urteile der Radfahrenden eine gültige Rückmeldung an die Kommunen darstellen, denn dieses „Schwarmwissen" nimmt sehr wohl Veränderungen wahr. 

Es fällt auf, dass sich nur die Metropolen mit  >500.000 Einwohnern als Gesamtheit verbesserten und teilweise (Hamburg, Hannover, Düsseldorf, auch Köln und Frankfurt) mit dem Fokus auf komfortable Radstreifen, „Protected Bike Lanes“ und Radroutennetzen Punkte machen konnten. Andererseits hat das münsterländische Städtchen WETTRINGEN wieder mit dem bundesweiten 1. Platz Furore gemacht, während der ländliche Raum trotz des E-Bike-Booms deutlich nachhinkt.

Wie man dem „Steckbrief“ für Mülheim entnehmen kann (siehe link zum download), stagniert die Zufriedenheit der Radfahrenden in unserer Stadt mit leichter Tendenz nach unten: Es gab eine „Schulnote" von 4,23 gegenüber 4,1 vor 2 Jahren. (Der deutschlandweite Durchschnitt liegt jetzt übrigens bei 4,0). 

Nicht zum ersten Mal gab es in Mülheim Lob für die (teilweise voll)  befriedigenden Möglichkeiten, 

  • öffentliche Fahrräder auszuleihen, 
  • die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und für die 
  • (für den Radverkehr) geöffneten Einbahnstraßen.

Im Städte-Vergleich scheint bei uns 

  • der Diebstahl von Fahrrädern ein weniger großes Problem zu sein,
  • die Frage „Ist Radfahren Spaß oder Stress?“ sowie
  • die Oberflächen der (Rad)Wege liegen im Durchschnitt.

Letzteres ist für mich ein Hinweis, dass beim „zügigen Radfahren“ die Existenz eines standardmäßig ausgestatteten Radschnellwegs eine Rolle spielt!

Dagegen monierten die Befragten als „mangelhaft“ die

  • Ampelschaltungen für Radfahrende,
  • die Führung des RV an Baustellen und
  • die Falschparkerkontrolle auf Radwegen.

Abweichungen nach unten gegenüber vergleichbaren Orten ergaben sich bei Punkten, auf die eine Kommune durchaus Einfluss hat:

  • bei der Öffnung weiterer Einbahnstraßen, 
  • der Reinigung der Radwege und dem
  • Winterdienst auf Radwegen

In Schulnoten ausgedrückt ergaben sich nicht ausreichende Schulnoten für Mülheim für das 

  • Sicherheitsgefühl, 
  • Konflikte mit KFZ und
  • Hindernisse auf Radwegen.
  • Die Breite der (Rad)Wege beurteilen 71% der Teilnehmenden mit „mangelhaft“ oder schlechter,
  • 59% finden die Radfahrstreifen „mangelhaft" oder schlechter fürs sichere Radfahren von jungen und älteren Menschen, und sogar 
  • 65% der teilnehmenden Mülheimer gaben der Möglichkeit, gemeinsam mit den Autos zügig und sicher Rad fahren zu können, die Benotung „mangelhaft“ oder schlechter.

Zu den 730 Noten-Bewertungen des Fahrradklimas in Mülheim haben 301 Personen zusätzliche Kommentare formuliert. Davon hat der allergrößte Teil den STILLSTAND BEIM RADSCHNELLWEG moniert und die Sorge geäußert, dass der Weiterbau gestoppt wurde. Ansonsten wurden unterschiedliche Gefahrenpunkte und Schwachstellen der Rad-Infrastruktur benannt, die der ADFC teilweise bereits erkannt und mit der Verwaltung bereits im Dialog je nach empfundener Priorität mit der Verwaltung aufgegriffen hat. Auch viele kleine Verbesserungen führen zu höheren Zahlen im Radverkehr!

DAS FAZIT: 

Es ist das subjektive Unsicherheitsgefühl vieler Erwachsener - auch für ihre Kinder -,  das die Besitzer von Fahrrädern von dessen Nutzung im Alltag abhält. 

Da gibt es Personen, die im Holland-Urlaub nicht nur auf dem Campingplatz die Brötchen holen, sondern auch eine kleine Runde durch die Heide drehen. (80% der Deutschen nutzen ihr Fahrrad im Urlaub. Aber zuhause bleibt es im Schuppen oder Keller).  

Wir kennen die typischen Aussagen mancher Radelnden auf Touren gut: „Hier habe ich mich noch nie getraut, entlang zu fahren“, etwa auf der Leineweberstraße zwischen Schlossbrücke und dem verkehrsberuhigten Geschäftsbereich, auf dem Tourainer Ring und Dickswall - oder (früher, vor dem Tempolimit) auf der Mendener Straße unterhalb der ehem. Jugendherberge. 

Deshalb sind geschlossene Radnetze entlang der Hauptverbindungen in und zwischen den Stadtteilen so wichtig! Im Augenblick wird häufig über die bestehenden Lücken in sicherer Fahrradinfrastruktur geklagt, über die man keine 11jährigen entlang schicken will: solche Straßenzüge wie z.B. den zwischen dem Flughafen und dem Kaiserplatz (bzw. dem Bahnhofsvorplatz) oder aus dem Rumbachtal oder vom Hingberg ins Südviertel mit seinen zahlreichen Schulen.

Wir freuen uns deshalb auf die im Mobilitätsausschuss bzw. Rat verabschiedeten Verbesserungen für o.g. Straßenzüge und hoffen ganz stark auf eine direkte Verbindung zum Knotenpunkt Hauptbahnhof und RS1 sowie vom Nordausgang zur heute überdimensionierten T-Kreuzung des Tournier Rings mit dem Dickswall.

Allerdings leben wir ja auch mit der Tatsache, dass der PkW-Bestand noch immer zunimmt und der Platz im Verkehrsraum immer enger wird. Dagegen brauchen Verkehrswende wie Klimaschutz das Fahrrad als höchst flächen- und energieeffizientes Verkehrsmittel der kurzen Wege!

Wer mich kennt, weiß, dass ich Fahrradfreundlichkeit daran messe, ob der Anteil des Radverkehrs am „Modal Split“ steigt und sehe nach der Haushaltsbefragung 2022 eine gewisse Basis. Vielleicht kann die Stadt Mülheim es schaffen, doch einmal in den Kreis der „Aufholer“ in ihrer Größenklasse aufzurücken, die zum FKT traditionell ebenfalls und zu Recht besonders geehrt werden.

Ein Alleinstellungsmerkmal unserer Stadt scheinen mir übrigens die zahlreichen „Grünen Pfeile für Fahrräder“ zu sein, die ich an anderen Orten vermisse: da war Mülheim schneller als die Nachbarn!

In diesem Sinne fahrradfreundliche Grüße sendet Ihnen

Gudrun Fürtges

ADFC Oberhausen/Mülheim

Sprecherin für Mülheim


https://dinslaken-voerde.adfc.de/artikel/fahrradklima-in-muelheim-verbesserungswuerdig

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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