ADFC Vorstandsmitglied Rebecca Peters

ADFC Vorstandsmitglied Rebecca Peters © ADFC / Reimold

Nationaler Radverkehrsplan 3.0: Gelungenes Leitbild, aber Aktionsplan fehlt

Nationaler Radverkehrsplan 3.0: Gelungenes Leitbild, aber Aktionsplan fehlt

Der Fahrradclub ADFC würdigt den heute im Kabinett vorgelegten Nationalen Radverkehrsplan (NRVP 3.0) als gelungenes Leitbild des Bundes für die Radverkehrsförderung der nächsten zehn Jahre. Damit erklärt die Bundesregierung ihren Willen, Deutschland bis 2030 zum Fahrradland mit flächendeckenden Radwegenetzen zu machen. Kritisch merkt der ADFC allerdings an, dass die Ziele des letzten Plans (NRVP 2020) nicht erreicht wurden, weil den Bekenntnissen zu mehr und besserem Radverkehr erst viel zu spät Taten folgten. Von der nächsten Bundesregierung fordert der ADFC, einen „Aktionsplan Fahrradland“ gleich zu Beginn der Legislatur festzulegen und umzusetzen.  

ADFC-Vizebundesvorsitzende Rebecca Peters sagt: „Vom Fahrradland Deutschland sind wir Stand heute noch Lichtjahre entfernt. Die Menschen fühlen sich beim Radfahren nicht sicher, das hat kürzlich wieder der ADFC-Fahrradklima-Test gezeigt. Der Ausbau der Radwege und Radschnellwege kommt kaum voran. Und der Radverkehrsanteil, der Indikator für eine gelungene Fahrradförderung, ist in zehn Jahren nur minimal gestiegen. Das liegt aber nicht etwa an der Faulheit der Menschen, sondern daran, dass die Politik den Radverkehr viel zu lange als Nischenthema behandelt hat. Während unter den Ministern Ramsauer und Dobrindt überhaupt nichts ging für den Radverkehr, hat Minister Scheuer immerhin einige Fortschritte erzielen können und sich klar pro Radverkehr positioniert. Die nächste Bundesverkehrsministerin oder der nächste Bundesverkehrsminister muss aber noch wesentlich mutiger und schneller sein, damit die Vision des Fahrradland Deutschland bis 2030 Wirklichkeit wird.“    

Eine kleine Revolution

Der ADFC bewertet es als kleine Revolution, dass sich das Bundesverkehrsministerium (BMVI) mit dem NRVP 3.0 klar zu dem Ziel bekennt, den Verkehr vom Auto auf den Umweltverbund und insbesondere auf das Fahrrad zu verlagern. Auch lobt der Fahrradclub ausdrücklich den Ansatz der Flächenumverteilung. Peters: „Es ist völlig richtig - in den engen Städten kann ausreichend Platz für sicheren Radverkehr nur durch Umgestaltung von Parkplätzen und Kfz-Spuren geschaffen werden. Gut, dass das BMVI hier Klartext redet und der Allen-Platz-fürs-Auto-Denke abschwört.“

Richtige Schwerpunkte

Aus Sicht des ADFC setzt das Bundesverkehrsministerium mit dem NRVP 3.0 die richtigen Schwerpunkte: Die Schaffung lückenloser Radwegenetze, geschützte Radwege an stark befahrenen Straßen, Radschnellwege für Pendler, die sichere Gestaltung von Kreuzungen, moderne Fahrrad-Abstellanlagen und die Verknüpfung mit dem ÖPNV. Ebenfalls für korrekt berücksichtigt hält der ADFC die Modernisierung des Verkehrsrechts und der Regelwerke, eine Ausprobier-Kultur für moderne Mobilitätskonzepte und einen Finanzierungsrahmen von mindestens 30 Euro pro Kopf pro Jahr für gute Fahrradinfrastruktur. Peters: „Das Volumen entspricht dem, was der ADFC seit Langem fordert.“

Offen: Aktionsplan, Rechtsreform, Ausbauoffensive, Finanzierung

Die nächste Bundesregierung muss nach Auffassung des ADFC jedoch mit einem konkreten „Aktionsplan Fahrradland“ mit messbaren Meilensteinen, konkreten Verkehrsverlagerungszielen und einer langfristigen Finanzierung gleich zu Beginn der neuen Legislatur nachlegen. Bisher ist die Förderung des Bundes nur bis 2023 gesichert – viel zu kurz für große Infrastrukturprojekte. Angesichts des großen Nachholbedarfs bei den kommunalen Radwegen sowie den Radschnellwegen in Ballungsräumen wird die bisher vorgesehene Förderung auch nicht reichen. Hier brauchen Kommunen und Länder deutlich mehr und langanhaltenderen Rückenwind vom Bund. Damit es zügig vorangehen kann, müssen die großen Lücken beim Fachpersonal für die Planung von Radwegenetzen durch eine Aus- und Fortbildungsoffensive geschlossen werden, so der ADFC in seiner Stellungnahme. Wichtigste politische Aufgabe ist laut ADFC aber die Reform des übergeordneten Straßenverkehrsgesetzes, das in seiner jetzigen Form die Umverteilung des Straßenraums zugunsten des Radverkehrs verhindert und den besonderen Schutzbedarf der Radfahrenden nicht genug berücksichtigt. Einen Gesetzesvorschlag hierfür hatte der Fahrradclub bereits 2019 vorgelegt.  

Radfahren in Deutschland – viel ungehobenes Potenzial

Fast alle Menschen in Deutschland besitzen ein Fahrrad: 2020 gab es rund 79 Millionen Fahrräder, davon über sieben Millionen mit elektrischer Unterstützung. 28 Millionen Wege und 112 Millionen Kilometer wurden 2017 mit dem Rad zurückgelegt. Eine Fahrt mit einem klassischen Fahrrad war im Durchschnitt 3,7 Kilometer lang, mit dem Pedelec 6,1 Kilometer. Insgesamt nutzten die Menschen das Fahrrad für 11 Prozent ihrer Wege. Mit dem letzten Nationalen Radverkehrsplan (NRVP 2020) hatte die Bundesregierung etwa 15 Prozent Radverkehrsanteil angestrebt – dieses Ziel wurde deutlich verfehlt. Im NRVP 3.0 gibt sie überhaupt keinen angestrebten Radverkehrsanteil an. Zum Vergleich: In den Niederlanden ist der Radverkehrsanteil mit 27 Prozent fast dreimal so hoch wie in Deutschland. Die Niederlande gelten als das Land mit der weltweit besten Radinfrastruktur.  

Hinweise an Redaktionen: Themenfotos zu dieser und älteren Pressemitteilungen finden Sie in unserem Pressebereich. Den Text des NRVP 3.0 finden Sie auf den Seiten des Bundesverkehrsministeriums. Die Zahlen zum Radverkehr stammen aus der Studie Mobilität in Deutschland 2017.

Über den ADFC

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit über 200.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs.

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Radfahren in der Stadt: Dichter Verkehr

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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