
Wieder ein Dooring-Unfall – Radfahrender schwer verletzt
Ein schwer verletzter Radfahrender in Oberhausen – eine tödlich verunglückte Radfahrerin in Hamburg. Beide Fälle zeigen: Schutzstreifen schützen nicht.
Am Montagmorgen, dem 13. Oktober 2025, wurde in Oberhausen ein 39-jähriger Mensch, der mit dem Rad unterwegs war, schwer verletzt, als eine Autofahrerin unvermittelt die Tür ihres geparkten Autos öffnete. Der Radfahrende konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und prallte mit voller Wucht dagegen. Sein blutverschmierter Helm steht sinnbildlich für das, was in Deutschland häufig fälschlich als „Radinfrastruktur“ bezeichnet wird.
Er fuhr – wie vorgesehen – auf dem dort markierten sogenannten „Schutzstreifen“. Doch dieser schützt nicht. Weder vor zu dichtem Überholen durch Autos, noch vor sich plötzlich öffnenden Fahrzeugtüren. Wieder ein Dooring-Unfall. Wieder ein vermeidbarer Unfall.
Ein paar Wochen vorher: Der tödliche Unfall von Wanda Perdelwitz in Hamburg
Nur wenige Wochen zuvor kam in Hamburg die Schauspielerin Wanda Perdelwitz ums Leben – ebenfalls durch ein geöffnetes Fahrzeugtür. Die 41-Jährige war in der Straße An der Verbindungsbahn unterwegs, als der Beifahrer eines Transporters seine Tür öffnete. Sie prallte dagegen, stürzte – und starb wenig später im Krankenhaus. Es war bereits der elfte tödliche Radunfall in Hamburg in diesem Jahr. Rund 800 Menschen kamen zu einer Mahnwache, um der Verstorbenen zu gedenken – und um ihrer Wut und Trauer Ausdruck zu verleihen.
Warum passieren solche Unfälle immer wieder?
- Weil die Infrastruktur Menschen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, zwingt, viel zu nah an parkenden Autos vorbeizufahren.
- Weil „Schutzstreifen“ oft schmaler sind als die Reichweite einer geöffneten Fahrzeugtür.
- Weil ein sicherer Seitenabstand von mindestens 1 Meter ohne bauliche Trennung kaum einhaltbar ist – insbesondere bei Gegenverkehr oder überholenden Kfz.
Schutzstreifen schaffen einen Konflikt: Wer Abstand zu parkenden Autos hält, muss auf der Fahrbahn fahren – und bekommt dafür Hupen, Gedrängel oder gefährliche Überholmanöver zu spüren. Wer auf dem Schutzstreifen bleibt, riskiert sein Leben.
Was fordert der ADFC?
Was wir brauchen, ist keine Symbolpolitik. Wir brauchen echte Sicherheit.
- Geschützte Radfahrstreifen – baulich getrennt vom Autoverkehr, mit ausreichend Abstand zur Dooring-Zone
- Breite Radwege nach aktuellen Standards – mindestens 2,50 m bei beidseitigem Verkehr, auch für Lastenräder und sichere Überholvorgänge
- Flächendeckende Einführung des "Holländischen Griffs" in Fahrprüfungen und Fahrschulen: Beim Aussteigen mit der entfernteren Hand zur Tür greifen, um sich automatisch nach hinten zum Verkehr umzudrehen
- Konsequente Umverteilung von Verkehrsfläche: Parkraum darf nicht über Menschenleben stehen
Vision Zero statt weiterzählen
Jede Person, die beim Radfahren stirbt, ist eine Mahnung – an Politik, Verwaltung und Gesellschaft.
Es ist nicht normal, dass Menschen beim Weg zur Arbeit, zur Schule oder zum Supermarkt ihr Leben riskieren.
Wir fordern: Sichere Infrastruktur für alle – jetzt.
Denn: Vision Zero – keine Verkehrstoten mehr – darf keine Vision bleiben. Es muss politischer Auftrag sein.
Was Autofahrende tun können - Der „Holländische Griff“ – kleine Geste, große Wirkung
Beim Aussteigen mit der jeweils entfernteren Hand zur Tür zu greifen (also rechts auf der Fahrerseite), dreht sich automatisch der Oberkörper – und der Blick geht nach hinten.
So lassen sich Radfahrende frühzeitig erkennen und Unfälle verhindern. Eine einfache, aber effektive Maßnahme, die Leben retten kann. Bitte machen Sie das zur Gewohnheit – und geben Sie es weiter.
Was Radfahrende tun können - „Präsent“ fahren und Abstand halten
Auch wenn es unangenehm ist: Wer sicher unterwegs sein will, sollte sich nicht an den Rand quetschen.
Der Sicherheitsabstand zu parkenden Fahrzeugen beträgt mindestens 1 Meter – das bestätigen auch Gerichtsurteile.
Wird dieser nicht eingehalten, droht im Ernstfall sogar eine Mitschuld beim Unfall.
Unser Rat: Fahrt sichtbar, präsent, mit ausreichend Abstand – auch wenn das bedeutet, mal aus dem Schutzstreifen herauszufahren. So werden auch überholende Kfz gezwungen, größeren Abstand zu halten.
Jeder Unfall ist einer zu viel
Ob in Hamburg, Berlin oder Oberhausen – viel zu oft sind es die immer gleichen Faktoren:
Zu schmale Streifen, fehlender Abstand, schlechte Sichtbeziehungen, falsche Infrastruktur.
Unfälle wie diese sind vermeidbar, wenn endlich mutig und konsequent für sichere Radverkehrsführung gesorgt wird.
Der ADFC fordert: Sicherheit für alle – jetzt.