
Setzen, Sechs! Duisburg ist Schlusslicht im ADFC-Fahrradklima-Test
Kurz vor den Sommerferien stellen die Duisburger:innen ihrer Stadt ein vernichtendes Zeugnis aus:
Es hagelt Fünfen und Sechsen für Fahrradwege, Verkehrssicherheit und das Engagement der Stadt. Damit belegt die Stadt im ADFC-Fahrradklima-Test den letzten Platz unter 15 Großstädten und Platz 968 unter allen teilnehmenden 1047 Städten und Gemeinden in Deutschland. Der ADFC fordert deutlich mehr Mittel und Engagement für den Fahrradverkehr.
Qualität von Radwegen: mangelhaft, Sicherheit: mangelhaft, Engagement der Stadt fürs Fahrrad: mangelhaft. Die Liste der Mängel ist lang, Lichtblicke gibt es wenige. 1100 Duisburger:innen haben an der bundesweiten Befragung teilgenommen und ziehen eine vernichtende Bilanz für die Fahrradpolitik ihrer Stadt.
Was die Duisburger:innen kritisieren
Besonders kritisieren die Duisburger:innen die fehlende Sicherheit auf Duisburgs Straßen. Dabei stören die Befragten besonders Hindernisse auf Radstreifen/-wegen sowie Konflikte mit Autofahrenden. Autofahrende würden häufig ohne entsprechenden Abstand überholen oder Radfahrende behindern oder gar bedrängen. Die Radinfrastruktur sei nicht "für Jung und Alt" ausgelegt; 71% geben an, dass man in Duisburg nicht sicher Radfahren könne.
Dabei spielt auch die Qualität der Radwege eine wichtige Rolle. Die Oberfläche und Breite der Radwege wird von mehr als 80% der Befragten deutlich mit mangelhaft oder schlechter bewertet. Die Stadt komme zudem ihrer Pflicht zur Sicherung der Wege nicht nach: Eine Fünf vergeben mehr als 80% der Befragten sowohl für die Kontrolle von Falschparkern als auch für die Baustellensicherung.
Die Note "befriedigend" erhielt die Stadt immerhin für ihr Leihradsystem und die Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung.
ADFC: Die Ergebnisse sind ein Warnsignal
Lara Schartau-Engelking, Vorstandssprecherin des ADFC Duisburg, sagt: "Die Ergebnisse müssen ein Alarmsignal für Verwaltung, Politik und auch Polizei sein. Wenn mehr als zwei Drittel der Befragten sich zutiefst unsicher auf unseren Straßen fühlt und ebenso zwei Drittel die Arbeit der Stadt, Verkehrstote zu verhindern, für mangelhaft hält, ist klar: Hier muss etwas passieren! Es geht dabei um Teilhabe im Straßenverkehr für Kinder, Jugendliche, Ältere und alle, die ohne Auto unterwegs sind." Laut Fahrradclub müsse man sich nicht wundern, dass in Duisburg viel zu wenig Menschen Fahrrad fahren, die Staubelastung durch Autos zunehme und Elterntaxis Gang und Gäbe werden. "Wir sehen uns als ADFC bestärkt in unserer Arbeit, auf mehr Engagement der Stadt bei der Kontrolle von Falschparkern sowie der Polizei bei der Aufklärung zum Mindestüberholabstand hinzuwirken.", so Lara Schartau-Engelking. Auf Bestreben des Fahrradclubs hat die Stadt für Juli Schwerpunktkontrollen an sogenannten Falschparker-Hotspots angekündigt. Im letzten Jahr gab es mit der Polizei bereits gemeinsame Aktionstage zum Mindestüberholabstand, die in diesem Jahr wiederholt werden sollen. "Angesichts der desaströsen Ergebnisse ist aber wichtig, es nicht bei Aktionstagen zu belassen, sondern strukturelle Veränderungen vorzunehmen, wie etwa die Erhöhung personeller und finanzieller Kapazitäten, bauliche Veränderungen sowie langfristige Aufklärungskampagnen."
Die Selbstauskunft der Stadt zeigt Ambitionslosigkeit
Mit ihrer Selbstauskunft im Fahrradklima-Test bescheinigt sich die Stadt selbst Ambitionslosigkeit in der Radverkehrsförderung. Als „herausragende Projekte“ nennt sie den Radschnellweg 1, Fahrradstellplätze und die Sanierung von Alltagsradwegen. "Dass ausgerechnet der RS1 als Highlight herausgestellt wird, von dem in Duisburg in fünfzehn Jahren bislang kein Meter realisiert wurde und der wohl nicht vor 2040 fertig wird, lässt tief blicken." sagt Herbert Fürmann, Vorstandssprecher des ADFC. "Die Einrichtung von Fahrradstellplätzen und die Wegesanierung, so wichtig beides ist, lassen jegliche Ambitionen in Richtung Verkehrswende vermissen. Wo ist beispielsweise die Einrichtung von verkehrsarmen Wegen wie Fahrradstraßen oder Schulstraßen als Zielmarke? Fakt ist: Mit gerade einmal 4 € Budget pro Duisburger:in und drei Personalstellen für Bau und Unterhalt von Radinfrastruktur steht der Verwaltung weit weniger als dem vom Bund empfohlenen Budget von 10 bis 30 € pro Einwohner:in zur Verfügung. Die Politik muss endlich nachhaltige Verkehrsmittel wie Fahrrad, Bus und Bahn stärker finanziell und personell fördern", so Fürmann.
ADFC-Fahrradklima-Test bundesweit mit 213.000 Teilnahmen
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2024 zum elften Mal statt. Rund 213.000 Radfahrerinnen und Radfahrer haben bei diesem Durchgang abgestimmt, 21 Prozent davon ADFC-Mitglieder. 1.047 Städte kamen in die Wertung. Bei den 27 Fragen ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie man das Miteinander im Verkehr empfindet. Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden, müssen pro Kommune mindestens 50, bei größeren Städten mindestens 75 beziehungsweise 100 Abstimmungsergebnisse vorliegen. Die Ergebnisse des Tests haben durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern.
Über den ADFC
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit über 240.000 Mitgliedern die größte Interessensvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Im Kreisverband Duisburg sind über 1500 Mitglieder organisiert. Die detaillierten Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests 2024 finden Sie auf www.fkt.adfc.de.