Beinahe ohne Foto - 46.KW 2021
Üblicherweise fotografieren heute die Menschen alles und jedes. Entsteht dabei ein Gruppenfoto, sucht jede und jeder sich erst einmal selbst. Ist das nicht merkwürdig?
Üblicherweise fotografieren heute die Menschen alles und jedes. Entsteht dabei ein Gruppenfoto, sucht jede und jeder sich erst einmal selbst. Ist das nicht merkwürdig? Man sieht sich doch normalerweise jeden Tag morgens im Spiegel und weiß nur zu gut, wie man aussieht und aussehen möchte. Ich vertiefe das jetzt nicht hin zu der Frage, „wer bin ich?“. Auf Bildern von Do-Touren gucke ich immer: Wo bin ich? Bin ich der Narzissus, der sich in sein Spiegelbild verliebt? Nun hatte ich bei der Do-Tour, 46.Woche, keinen Fotoapparat dabei und stellte mich darauf ein, von der Rundfahrt ohne Bilder zu erzählen und damit Desinteresse an dem Geschreibsel vor zu programmieren. Aber es kam anders.
An besagtem Do. radelten wir nach Wesel. Den Weg zu beschreiben überlasse ich Wortgewandteren. Alles bekannt. Am Haus-Duden-Hotel wollte sich NN uns noch anschließen. Er war nicht da.
Nachdem wir die Autobahn – welche? – überquert hatten, war ein SechsMinuten-Stopp angesagt. Frauen hätten „fünf-plus-eins Stopp“ gesagt, wurde ich belehrt. Etwas kompliziert für mich, der ich nicht rechnen kann und zudem noch in einer „fünf-plus-eins“ Etage wohne.
Am Wegesrand weilend, Mitgebrachtes verzehrend erfreute man sich an den wärmenden Sonnenstrahlen. Schafe, wölfische Leckerbissen, weideten in unserer Nähe, was NN1 an das Märchen mit dem Wolf erinnerte, dessen Bauch tierquälerisch mit Steinen gefüllt wurde. Während unseres Aufenthaltes fuhren nicht nur zwei Platz fordernde Kraftfahrzeuge vorüber, sondern ein einzelner Radler raste heran. Uns Gelbwestige erblickend, hielt er für ein kurzes Gespräch an. Wer war es? NN2, der Oberradler von Hamminkeln. Schon fegte er wieder davon.
Weiter ging es über den für Brünener Bürger erinnerungsträchtigen Kugelberg und hinter dem Ort weiter auf einem verbotenem Weg: Privatweg. Da Eigentum verpflichtend ist*, folgte ich weiter, gehorsam und dazu geräteabhängig den Anweisungen des Navi, und die mir Folgenden zog ich gleichsam hinter mir her.
Der Weg führte dann am Dämmerwald entlang, wo sich weder „ein scheues Waldtier“, noch Häschen oder gar ein Hirsch zeigten. Schließlich fielen wir beim „Fisch-Bruno“ in Schermbeck ein, den ich am Dienstag vorwarnen wollte, doch da hatte er nicht „open“. „Da hättest Du doch….“, mögen einige gedacht haben. Hatte ich aber nicht. Gleichwohl setzten wir die Rundfahrt nach fünfundvierzig minütiger Pause fort. Auf der schattigen Seite des Kanals ging es bis Gartrop. Alles bekannte Wege, schon hundert Mal gefahren, doch die feurigen Farben des Herbstlaubes an den Bäumen, von der Sonne beschienen, waren einmalig. Nun lagen nur noch wenige Kilometer bis zur Heimat vor uns, die Schar zerbröselte wieder mit Tschüs-Geschrei und flüchtigem Winken. Nach 60 km am Schützenhaus Einigkeit Holthausen gab ich meine Funktion als Vorfahrer auf.
Und Bilder gibt es doch! Einige hatten einiges festzuhalten versucht. Für die Ewigkeit oder für die Daheimgebliebenen oder als Erinnerungsstütze für die Dabeigewesenen? Wofür auch immer: Ihnen sei gedankt.
*GG. Art.4: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen ...