Dawammaschon 28.KW - 2022
Man fährt wieder! Quatsch: Wir fahren donnerstags immer außer bei Nichtwetter (=Unwetter), Glatteis und wenn plötzlich, wie bei der Bahn, das Personal fehlt.
Am Do. in der 28KW war Personal zugegen, kein Orkan, nur leichte Brise und mit Glatteis war nicht zu rechnen. Also fuhren wir, folgten dem TourGuide (TG), zu Deutsch: dem Rundfahrt-Führer.
Nun meint man, wenn man schon seit hundert Jahren (bibl. Zahlenangabe) donnerstags mitfährt, jeden Weg zu kennen. Dem ist jedoch nicht so. Der TG zog mit den sechzehn ihm Folgenden zunächst durch Wesel, was kaum besondere Überraschungen bietet, aber dann bog er in Pfade ein und auf Wege ab, die, das sei festgestellt, mit Sicherheit keinen hohen Bekanntheitsgrad hatten.
„Diersfordter Wald“ – das Dawammaschon1) mag dem einen oder der anderen durch den Kopf gegangen sein, doch da gibt es noch Wege, die etwas strubbelig, nicht vertraut sind, selbst wenn man von A nach B fährt, statt von B nach A. Für die erste Pause hatte der TG ein lauschiges Plätzchen, eine Sitzgruppe am sogenannten „Waldsee“ angesteuert, wobei der „Waldsee“ ganz einfach ein Baggerloch von vielen ist, an denen wir hernach noch vorbeikommen sollten. Man hätte diese Rundfahrt auch „Baggerloch-Rundfahrt“ nennen können.
Jetzt hatten alle Muse, mit einander zu reden, was ja radelnderweise ob der Wegqualität oder Verkehrssituation nicht immer möglich ist. Im Hintergrund hörte man auch der Wasservögel Kommunikation, die sich in der Ferne als weiße Flecken auf dem Wasser zeigten. Ob sich da nun Möwen, Gänse, alle verschiedener Arten, miteinander im Gespräch befanden, hätte uns vielleicht ein Ornithologe erklären können. Den hatten wir nicht unter uns. Hinter Bislich zogen Störche die Aufmerksamkeit auf sich; genauer: ein Storchenpaar von den 7.532 bundesweit gezählten2). Ihre Kommunikation beschränkt sich bei ihnen bekanntlich, wenn sie im „Gespräch“ sind, auf lautes Klappern mit dem Schnabel. Wer kennt nicht den Klapperstorch? Hier jedoch schwiegen sie, schwiegen vielleicht wegen der zu ihnen starrenden Fußgänger und siebzehn Radfahrer*innen.
Wenig später kamen wir, wie schon oft, an der GFS (Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung) vorbei. Da versuche ich mich jedes Mal in Gedanken an einen Reiseführer „Finnland“ des finnischen Wortes für „Besamungsstation“ zu entsinnen. Vergeblich. Es lautet nämlich „keinosiemennysasema”.
Irgendwann wird der Weg schnurgerade, was möglicherweise mal eine Bahntrasse gewesen ist. Da liess der TG anhalten, damit man/frau ”telefonieren” könne. Andere Radler hatten just vor, eben diesen Weg auch zu fahren. Doch einige unserer Rundfahrt-Teilnehmer hatten es noch nicht ”gefressen” oder internalisiert, dass man wie frau Wege, zumal wenn sie schmal sind, frei halten soll. ”Sind die beknackt”? Stellte ein Vorbeifahrender laut die rhetorische Frage. Ich kam nicht umhin, ihm recht zu geben und nachzurufen: ”Ja, die sind beknackt!” Der nächste Radler äußerte sich weniger despektierlich und sprach von ”Kindergarten”. Auch ihm konnte ich nur Zustimmendes nachrufen.
Schließlich erreichten wir Rees, den Wendepunkt unserer Rundfahrt. Den Skulpturenpark besichtigten wir nicht. Es genügte allen, von der Deichkrone einen Blick darauf zu werfen. Man könnte jetzt von ”radelnden Kulturbanausen” sprechen. Das wäre jedoch ein voreiliges Urteil: Wir hatten das alles schon früher einmal besichtgt, was sich fotografisch belegen lässt, nun aber war uns nach 40 km mehr nach Pause als nach Kultur, heißt es doch frei nach Bert Brecht ”erst das Fressen, dann die Kultur”.
Nach einem für das körperliche Wohlbefinden hinreichend langen Aufenthalt an und um den Markt in Rees versammelte sich die Gruppe weisungsgemäß am Startpunkt der Personenfähre, die fern auf der anderen Rheinseite vor sich dahin zu dümpeln schien. Schon wurden Überlegungen laut, dass einer über die Brücke fahren sollte, sich zu dem Fährmann begibt und diesen dann bittet, die restliche Schar abzuholen, als sich der Kahn in Bewegung setzte. Er habe, so sprach der Fährmann, gewartet, bis für ihn mehrere Personen zu sehen waren, so dass sich die Fahrt für 2,50 € von jeder wie jedem auch lohnt. Mit uns und anderen war der Kahn letztendlich gut gefüllt.
Linksrheinisch ging es dann flott nach Lüttingen, einst ein Fischerdörfchen vor den Toren von Xanten, das 1965 eine Tausendjahrfeier beging. An einem Kiosk liess der GT wieder Pause machen. Wir stellten die Räder ab, konnte sich dort unter anderem ein Eis kaufen. NN wies, wenn erforderlich, jede*n der Umherschlendernden auf ein Hundekackehäufchen hin, man möge da tunlichst nicht hineintreten. Sollte man wirklich nicht!
Durch neue Siedlungen am Rande der Stadt Xanten ging die Fahrt dann am und auf dem Rheindeich zur Brücke. Dort verabschiedete der GT die Mitgefahrenen wie schon eine Woche zuvor an gleicher Stelle. Die einen fuhren nach Wesel, andere an der B8 entlang, er, der GT zog es mit der Mehrheit vor, durch die Lippeaue zu fahren. Am Ende waren es wohl 79 km.
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- Da waren wir (dawamma) schon
- Wikipedia – Zählung 2019