„Herr Lehrer, wir wollen spazieren gehen“ 17.KW 2022
Das war, um es gleich zu sagen, eine Do-Tour, wie viele andere. Nichts Besonderes, nichts Aufregendes. Der Himmel war blau, das Wetter schön….“. Wie ging das Verschen noch weiter?
„Herr Lehrer, wir wollen spazieren gehen“. Kennt Ihr das? Lehrer – ist nicht mehr, allenfalls „Herr Tourenleiter“ oder „Herr Vorfahrer“. WIR – wer sind die „Wir“? Keine Frage, es sind in diesem Zusammenhang natürlich die ADFC-Menschen, und als Vorfahrer hatte ich bei diesem Wetter mit hundert Fietsern gerechnet, aber letzten Endes waren es immerhin achtzehn. Und die zweiundachtzig, die nicht dabei waren, haben etwas versäumt.
Spaziergehen war natürlich nicht angesagt. Das ist bekanntlich das Metier entsprechender Vereine und gelegentliches Treiben diverser Quatsch-Denker. So trafen wir uns wie gewöhnlich an der Schrottsäule in Voerde, radelten gemächlich nach Dinslaken, wo noch andere unser harrten, zu denen NN, im ADFCJargon ein „Gast“, gehörte, der ob seiner Länge, wie man mitunter salopp zu sagen pflegt, „aus der Dachrinne saufen konnte“. Nein, konnte er nicht, weil kein Regen. Von da aus ging es nach Hiesfeld. Führt doch von der Krengelstraße direkt am Rotbach ein Rad-Wanderweg entlang, der dann am Ende nach guter deutscher Sitte mit einem Drängelgitter das genussvolle Radeln jäh Drängelgitter auf Radwanderweg unterbricht. Für Lastenräder eine Totalsperre, für einzelne Radler schon eine kleine artistische Anforderung, für eine Gruppe Hindernis schlechthin. Wir überwanden es! An der Wassermühle am Rotbach, um noch genauer und eindeutiger zu sein: am Mühlenmuseum und nicht an der Windmühle, erwarteten uns noch weitere Menschen zum Spazierenfahren.
Die Route, die ich von Komoot übernommen hatte, trägt da den Namen „HOAGTrasse – am Rotbach entlang Runde um Voerde (Niederrhein)“. Unser Radeln ging in die umgekehrte Richtung. Ab Zusammenfluss von Rot- und Schwarzbach radelten wir auf nahezu verkehrslosen Wegen durch Wald, frisch grün belaubten Wald mit Blümchen, die gelb- und weißfleckig den Boden zwischen den Bäumen zierten, bis zur Grafenmühle, wo gewöhnlich Motorradfahrer mit ihren Radau machenden Maschinen wie balzende Auerhähne zahlreich versammelt zu sein pflegen. Jetzt waren es nur wenige. Bei der nahe gelegenen, öffentlich zugänglichen Toilette waren zumal für die Damen – es war letztendlich nur eine dabei – zum „Telefonieren“ zehn Minuten angesetzt. Das hinderte einige nicht, eine „Verzögerung im Betriebsablauf“ zu verursachen. Zum Glück führt so etwas anders als bei der Bahn in der Regel nicht immer zum allgemeinen Verdruss. Wir hatten ja keine Fahrplan einzuhalten. Auf einem mir bislang unbekannten Weg durch Wald, in dem die Vöglein zwitscherten, gelangten wir zu dem Wirtschaftsweg, auf dem man, wie zu lesen ist, das „geplante Landschaftsbauwerk Schöttelheide“ umfährt, was nichts anderes ist als ein Halde aus Gestein aus der Tiefe der Erde, hier, wo einst ein Bauernhof stand, zu einem Berg aufgehäuft.
Weiter ging es an der Halde Haniel nach Süden an dem Bergwerk ProsperHaniel, vorbei , das am 21.Dez. 2018 geschlossen wurde. Auf dem Weg dorthin führten einige Hunde Ihre Halter aus, ließen sie dann und wann mal warten, weil irgendwelche Gerüche sie aufhielten oder sie sich entleeren wollten. Einer Umleitung wegen mussten wir dann doch noch ein Stück Weg durch Bottrop fahren, erreichten schließlich den Olga-Park und das Centro.
Das Kirchencafé gibt es dort leider nicht mehr, da zu viele ihre Solidarität mit der Kirche aufgekündigt hatten und die Pandemie schließlich zum wirtschaftlichen Aus dieser Einrichtung führte. Schade: Dort einkehren hatte einen besonderen Wert. So verteilten wir uns. Hier und da gelbe Flecken – das waren dann Personen, die zu uns gehörten. Da, ein kleiner Mensch, offensichtlich afrikanischer Herkunft, taperte mit seinen paar Monaten Jugend wackelig über den Platz, ließ sich auf den Arm nehmen, strebte dann wieder zu seiner Mutter. Wie er, so wird sich vielleicht mancher von uns im hohen Alter auch wieder umherbewegen, ging mir durch den Kopf, und man „wird dich führen, wohin du nicht willst“, wie es in der Bibel heißt (Jh.21,18).
Nach der Pause kamen wir denn auf die im Tourentitel genannte „HOAGTrasse“, auf den „Grüner Pfad“. Für die meisten Do-Radler*innen sind das bekannte Wege. Haltepunkten am Wegesrand laden dort zum Pausieren ein. Mit der Querung des Naturschutzgebietes Rheinaue bekam diese Rundfahrt in landschaftlicher Hinsicht noch das, was man als „Sahnehäubchen“ bezeichnen könnte. Am Ende waren es nur 60 km Strecke.