Gemüsezentrum

Zum Gemüsezentrum © ADFC Dinslaken-Voerde e.V.

Zum Gemüsezentrum

Lindchen, so dünkt es mich, ist das niederrheinische Gemüsezentrum schlecht- hin, weil anscheinend alle dahin fahren, die auf sich halten. Sie meinen dort ein- kaufen zu müssen. Warum?

Weil Lindchen jede Woche in der Zeitung auf sich aufmerksam macht, wie man mir sagte. Nun wollte ich nicht länger als Gemüse- Banause oder Konsummuffel herumlaufen oder –fahren, sondern wollte mich einmal in die Reihe der Lindchen-Wallfahrer einreihen. Nur liegt Lindchen nicht so einfach nebenan, sondern 40 km entfernt. Wie dahin kommen? Mit dem Pkw? Nein, aus verschiedenen Gründen nicht. 1. will mein Velo bewegt werden, 2. be- wege ich mich gern entschleunigt, 3. sammele ich Kilometerchen fürs Stadtra- deln, 4. ... da werden Dir, liebe Leserin, lieber Leser auch noch ein paar Gründe einfallen. Oder nicht?

Kurz: Ich wollte einmal mit meinem Schleich- und Simpelrad nach oder zu Lind- chen fahren, um zu sehen, was Sache ist. Entsprechend tat ich das kund, so- dass, wenn mir jemand dahin folgen wollte, er oder sie es tun möge.

Als ich dann am Do. um 10 Uhr des Morgens vor die VB fuhr, standen überra- schenderweise fünf andere da, die meiner harrten. „Oh!“ rief ich erfreut, „nicht allein muss ich radeln, ihr wollt mich begleiten! Ich bin“, setzte ich meine Rede fort, um sie über meine Rolle aufzuklären, „kein ‚Tourenleiter’1), sondern ich fahre nur mit meinem Simpelrad voran. Mir zu folgen oder nicht zu folgen, stelle ich Euch frei.“ Als Tourenwendepunkt2) hätte ich das Gemüsezentrum vorgese- hen, erläuterte ich mein Vorhaben. Dort habe man sehr wahrscheinlich Gelegen- heit, Spargel und anderes „aus der Region“ zu erwerben. So informiert brachen wir auf.

Am Haus Erika begegnete uns vorüber Radelnden NN13). Er schloss sich uns an. Wenig später überholte die mir Folgenden und mich ein Mensch mit rotem Mütz- chen auf einem Faltrad mit Packtaschen. Doch schon an der ersten Steigung, an der Brücke über die Eisenbahn, geriet er ins Schnaufen, im Gegensatz zu uns. Bei der ersten Ampel standen wir dann neben ihm. Warum ist das erwähnens- wert? Antwort: Solche Eile ist auch beim Fahrradfahren nicht angebracht.

Als wir den Rhein querten, hetzte das Männlein wieder davon. Wir bogen indes- sen ab in Richtung Xanten. Da lauerte kurz vor dem ersten Haltepunkt eine graue Gestalt, auf einem Fahrrad sitzend auf uns. Sie schloss sich uns an. Ja, wir erkannten ihn, es war NN2, und an dem Haltepunkt an der Brückenruine er- wartete uns NN3, eine ADFC-ler aus dem Bereich Xanten, mithin ein Ortskundi- ger. Es waren nun, „unter dem Strich“, wie man so sagt, acht Personen, die mir nachzuschleichen bereit waren. Erwähnenswert ist, dass NN3 ebenfalls ein Sim- pel-Rad fuhr.

Das Facenda-Kloster war hinter der Römerstadt Xanten der erste Haltepunkt, der erste „Boxenstopp“. Wo das ist? Eben hinter Xanten. Es wurde 1922 gebaut, zu Franziskanern aus Brasilien gehörte es, heute bietet es Drogenabhängigen eine Unterkunft. Über weitere Einzelheiten referierte ich vor den Tn4), und NN3 ergänzte die Angaben mit dem Hinweis, dass es hier, wenn es an der Zeit sei, einen sehr, sehr schöööönen Weihnachts- markt gäbe, wo dann Kaffee wie Kuchen günstig zu bekommen sei.

Zeichnete den Weg bis jetzt Strubbelgrad null bis zwei aus, änderte sich das, als der vom Navi vorgegebene in den Wald nach links abbog. Steil wurde es, so steil, dass ich schieben musste, aber nicht nur ich. Strubbelgrad vier! Es waren allerdings nur hundert oder hundertfünfzig Meter. Oben erklärte ich den Tn, dass es sich hier um eine Endmoräne der Saale-Eiszeit handele, was für NN4 nichts Neues war. Ich hätte, so erläuterte ich weiter, keine Vortour gemacht, weil ich hier und jetzt nicht als Tourenleiter zu agieren vorhatte. „Diese an und für sich sehr schöne Strecke habe ich aus dem Fundus des Großen Tourenleiters übernommen. Und wenn man mal schieben muss, dann gehört das eben zum Farratfahrn“, versuchte ich diese Unbequemlichkeit zu entschuldigen.

Hier, im Üedemer Hochwald, so informierte ich die Tn weiter, kam es im März 1945 zur schwersten Panzerschlacht in der Geschichte der kanadischen Trup- pen. Ein Großteil des Waldes wurde im Zusammenhang mit der Kriegshandlung zerstört.

Munter radelten wir nun auf gutem Weg bis zu dem niederrheinschem Gemüse- zentrum. Und dort „steppte der Bär“. Die Abstellfläche für Pkw war nahezu voll, Menschenmassen eilten zu ihren Fahrzeugen mit bepackten Einkaufswagen, derweil andere mit leeren sich ins Getümmel stürzten.

Einer der mich Begleitenden stellte ein interessante Überlegung an: Da sperren sich Menschen freiwillig in eine Blechkiste mit entsprechendem Gewicht ein, z.B. in einen VW T-Cross, und rasen von A nach B. Die meisten kamen den Auto- kennzeichen nach aus der Umgebung, mehrere aus dem Ruhrgebiet (56 km), einer aus Köln (120 km). Warum? Um „günstig“ einzukaufen. Nun reden viele oder gar alle von einer Verkehrswende, aber niemand will sie, wie es aussieht. Wenn dann die Werbung auch noch behauptet, hier könne man günstig einkau- fen, machen sich Tausende auf.

Als ich mein Fahrrad abstellte, stand da ein Rad mit prall vollen Ortlieb-Taschen am Zaun. Blumen auf dem Gepäckträger irritierten mich allerdings etwas. „Auf großer Tour“, fragte ich die Besitzerin, die gerade kam. „Nein, man kann ja auch mit dem Fahrrad einkaufen fahren,“ erklärte sie mir.

Ich unterließ es, mich in der 30-minütigen Pause, mit Mund-Nasenläppchen ver- sehen mitzutummeln, zumal ich nichts zu kaufen beabsichtigte, haben wir doch EDEKA5) vor der Haustür.

Diesen Wendepunkt verlassend radelte ich, frei und ohne im Blech eingesperrt zu sein, folgte freiwillig dem Navi, das nun den Weg gen Heimat anzeigte. Zunächst ging es end- los an der Alpener Straße entlang, so dass der Asphalt bald klebrig zu wer- den drohte. Die an- deren radelten hin- ter mir her, ohne Protest. Auf einmal tauchten linker Hand die Plaggenhütten auf. Hier legte ich natürlich einen Stopp ein. Die mich Begleitenden ließen sich auf den Klötzen vor diesen Hütten nieder. NN1 sprach zu ihnen oder schwätzte, „wie ein Tep- pichhändler auf einem türkischen Basar“, meinte NN5 etwas respektlos. „Nein, er bietet den anderen die Hütten als Ferienwohnung an“, überlegte NN6. Das alles stimmte so nicht, wie ich wenig später erfuhr, NN1 habe den ihm atemlos Lauschenden spannende Schwänke aus seinem Leben erzählt.

Von da aus „düsten“ wir weiter an der Straße entlang. Hinter Alpen verließen mich drei Tn. Über den Rest des Weges gibt es nichts Bewegendes mehr zu be- richten. Dass wir in Orsoy ohne Aufenthalt, ohne Wartezeit auf die Fähre flitzen konnten, war für mich etwas ganz Ungewohntes. Erwähnenswert ist noch, dass NN5 „eine Runde schmiss“, nicht mit Fahrazotti oder Mon Cheri, vielmehr über- nahm er die Kosten der Überfahrt.

nächst ging es end- los an der Alpener Straße entlang, so dass der Asphalt bald klebrig zu wer- den drohte. Die an- deren radelten hin- ter mir her, ohne Protest. Auf einmal tauchten linker Hand die Plaggenhütten auf. Hier legte ich natürlich einen Stopp ein. Die mich Begleitenden ließen sich auf den Klötzen

So war ich denn, nachdem ich mich von den restlichen Tn in aller Höflichkeit verabschiedet hatte, um 18.10 Uhr nach 99 km oder neunundneunzig Kilome- terchen wieder in meiner Wohnstatt.

_______________

1)  Die Gründe dafür zu wiederholen erspare ich mir hier

2)  Das Ziel ist der Weg, ab Wendepunkt geht die Fahrt wieder gen Heimat

3)  NN heißt „niemand nicht“, also irgend jemand

4)  bedeutet Teilnehmerin und Teilnehmern, hier: die mir Folgenden

5)  EDEKA—Voerde: Lindchen-Spargel 7,50 €

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